Arbeiten mit einer Psychose

Sehr viele Menschen mit einer Psychose werden vorzeitig berentet. Andere leben lange von Hartz IV. Für die meisten bedeutet dies ein Leben am Existenzminimum. Wenn dann noch Einsamkeit dazu kommt und erfüllende Hobbies fehlen, wird das Leben wirklich schwierig.

Manche Frühberentungen wären meines Erachtens nicht nötig, wenn wirklich alle Optionen ausgeschöpft würden. Viele können nicht in Vollzeit auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten, aber warum nicht in Teilzeit? Andere bräuchten kleine Anpassungen wie ein eigenes Büro. Wieder andere würden davon profitieren, wenn sie einen Teil der Arbeit zu Hause erledigen könnten. Andere brauchen einfach nur etwas flexiblere Arbeitszeiten, so dass sie auch mal später anfangen oder früher gehen können an einem schlechten Tag.

Warum werden diese Optionen so selten ausgeschöpft? Hier sind auch die Betroffenen gefragt, dass sie klare Forderungen stellen an einen Arbeitsplatz, den sie bewältigen können. Oft scheitert das aber schon daran, dass den Betroffenen empfohlen wird, gegenüber dem Arbeitgeber die Erkrankung zu verschweigen. Natürlich ist dann an eine Anpassung der Arbeitsbedingungen nicht zu denken.

Warum muss ein psychosekranker Mensch in der Arbeitswelt seine Erkrankung verstecken? Ein Teil der Arbeitgeber lehnen wahrscheinlich grundsätzlich die Beschäftigung eines psychosekranken Arbeitnehmers ab. Aber die eignen sich doch dann sowieso nicht zur Zusammenarbeit? Was also hat man zu verlieren?

Wenn man offen mit der Erkrankung umgeht, erhält man manche beruflichen Chancen nicht. Wenn man aber mit einem normalen Vollzeitjob sowieso nicht zurechtkommt, kann man doch lediglich gewinnen, oder? Wer die Erkrankung langfristig verbergen kann und einem normalen Arbeitsplatz gewachsen ist, der verberge die Erkrankung. Wer aber vor der Wahl steht, beruflich zu scheitern oder kleine Anpassungen der Arbeitsbedingungen an seine Belastbarkeit zu fordern, der kann nur profitieren von der Offenheit.

Es wäre schön, wenn die Betroffenen dabei unterstützt würden von professionellen Helfern. Viele von den Frühberentungen ließen sich dann vielleicht vermeiden. Und die Betroffenen könnten Lebensqualität und ein besseres Selbstwertgefühl gewinnen.

Könnten Sie sich vorstellen, Menschen zu unterstützen, die offen mit einer Psychose umgehen?

2 Kommentare

  1. Vielen Dank für diese Anregung!
    Mich hat auch sehr erstaunt, dass seitens der Ärzte dazu geraten wird, dem Arbeitgeber gar nichts über die Erkrankung zu sagen oder allenfalls zu behaupten, man habe eine Depression.
    Wie soll der denn dann auf mich und meine speziellen Bedürfnisse eingehen können, so er dazu gewillt ist?

    Leider sind meine Erfahrungen mit der Offenlegung dieser Diagnose aber auch keine allzu guten. Bei meinem letzten Arbeitgeber, der meine Ersterkrankung live mitbekommen hat und auch meine Diagnose kennt, hat sich nach meiner Rückkehr etliches zu meinem Nachteil verändert.
    Von den Kollegen wurde ich gemieden und mir wurden keine Arbeitsaufträge gegeben. Die Begründung war, man wolle mich schonen, mir Ruhe gönnen und mich nicht überlasten.
    Das hätte mir allerdings sicherlich auch mit einer beliebigen anderen psychischen Erkrankung so passieren können.

    Es ist aber richtig: Was habe ich schon zu verlieren?

  2. Liebe Frau Bunt,
    danke für Ihre klaren Worte in puncto Arbeitswelt. Ich möchte nur sagen: in der Verrentung liegt auch die Chance, sinnvoll tätig zu werden. Der normale Arbeitsmarkt ist oft verhärtet und entfremdet. Die Rente gibt mir Gelegenheit und Zeit, die Dinge zu tun, die mir wirklich wichtig sind. Als psychisch Kranke habe ich weniger Kräfte und diese möchte ich gewinnbringend einsetzen. Das ist auch keine soziale Ausgrenzung. Mit einem anspruchsvollen Ehrenamt, z.B. mit zeitintensivem Engagement in der Psychiatrieerfahrenen-Öffentlichkeitsarbeit, komme ich gesellschaftlich weiter als mit einem minderwertigen Job. Und ich leiste vielleicht sogar einen wichtigeren Beitrag für die Allgemeinheit.
    Liebe Grüße
    Ihre Birgit S.

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